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11
Mai
2022

Wie schwierig oft Umdenken ist

Eine Gastronomin findet kein Personal und sperrt zu: An genereller Arbeitsunwilligkeit Arbeitssuchender liegt es nicht. Vielmehr muss man die Frage stellen: Ist unsere Gastronomie am Arbeitsmarkt wettbewerbsunfähig?

Tut mir leid. Tut mir wirklich leid, dass die Salzburger Gastronomin Birgit Schattbacher vor kurzem im STANDARD (Die Schließung war mein Statement“, 3. 5. 2022) verkündete, dass sie ihr gutbesuchtes Rosencafé nun schließen muss, weil sie seit vier Monaten – in denen sie selbst die Arbeit von drei Leuten leisten musste – erfolglos Personal sucht. Ihre Schließung sei auch ein Statement:

Wenn ich Arbeit anbiete und sie keiner will – dann mache ich es auch nicht mehr.

Wir im AMS kennen diesen Satz. Aber bisher haben wir ihn sinngemäß nur von enttäuschten Langzeitarbeitslosen gehört. Und jetzt plötzlich von der Gegenseite, von einer erfolgreichen Unternehmerin?

Ich kann nicht beurteilen ob Frau Schattbacher attraktive Arbeitsplätze angeboten hatte oder nicht, bleibt sie uns zum Beispiel die Antwort, auf die Frage nach der Entlohnung, leider schuldig. Das Interview zeigt aber meines Erachtens sehr gut, wie schwer es aktuell einer ganzen Reihe von Unternehmerinnen und Unternehmern fällt, faktisch aber auch emotional, mit den veränderten Arbeitsmarktbedingungen umzugehen. So wurde mit allgemeinem Gelächter im Auditorium noch unlängst die Geschichte eines Personalvertreters quittiert, der von einem Bewerber erzählte, der sich nach seinem Vorstellungsgespräch mit den Worten „Vielen Dank, Sie kommen in die engere Wahl“ verabschiedete. Auch lassen die Ansprüche der Generation Z so manchen „Boomer“-Personalverantwortlichen gelegentlich nur mehr staunend zurück.

Ein Arbeitnehmermarkt

Es gibt viele Theorien zum Arbeitsmarkt, der deutlich anders als jener an der Börse funktioniert. Und doch gelten auch hier die Grundregeln von Angebot und Nachfrage. So war die Suche nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern während der letzten zehn Jahre für viele Betriebe oft recht einfach: Österreich erlebte eine relativ hohe Arbeitslosigkeit und gleichzeitig vor allem durch Zuwanderung einen zusätzlichen Anstieg des Angebots an Arbeitskräften um mehr als eine halbe Million Personen. Die meisten von ihnen waren junge, gut ausgebildete, motivierte Menschen aus der EU. Und genau davon profitierten vor allem Tourismus und Gastronomie.

Aktuell aber entwickelt sich der Arbeitsmarkt in Österreich in vielen Bereichen aufgrund des starken Wirtschaftswachstums, einer geringeren Zuwanderung und der demographischen Lage im Land immer mehr zu einem sogenannten Arbeitnehmermarkt: Es gibt rund 35.000 Arbeitssuchende weniger als vor der Pandemie, die niedrigste Arbeitslosenquote seit 14 Jahren, die zweitniedrigste Jugendarbeitslosigkeit der ganzen EU, doppelt so viele Lehrstellenangebote wie Lehrstellensuchende und gegenwärtig über 130.000 offene Stellen beim AMS. Vor der Pandemie lag der Rekordwert bei 80.000. In Salzburg aber gibt es bereits mehr offene Stellen als Arbeitssuchende, da ist das Angebot von Frau Schattbacher noch gar nicht dabei, die ihre Suche nur an ihrer Tür und über Social-Media veröffentlichte und „bewusst nicht zum AMS gegangen ist, weil bei mir im Café nur Leute arbeiten sollen, die von sich aus gerne arbeiten“.

Ganz ehrlich, ich kann die Frustration, ob von Wirtinnen oder Hoteliers, besonders nach den beiden letzten harten Jahren gut nachvollziehen: Jetzt, wo endlich wieder Gäste da sind, jetzt fehlen die Arbeitskräfte. Im AMS wissen wir natürlich, dass es Arbeitssuchende gibt, bei denen die Motivation zur Arbeitsaufnahme gering ist, deshalb begrüße ich auch die Pläne des Arbeitsministers für ein mehr an Anreiz in der Arbeitslosenversicherung zu sorgen. Dennoch aber möchte ich mich dem pauschalen Vorwurf der Arbeitsunwilligkeit und des Müßiggangs nicht anschließen. Weil er einfach nicht richtig ist: Wäre sonst die Arbeitslosigkeit in Österreich insgesamt so schnell gesunken, wenn niemand arbeiten wollte?

Aus mangelndem Interesse am eigenen Stellenangebot auf eine generelle Arbeitsunwilligkeit zu schließen, verhindert vor allem, über die eigenen Handlungsoptionen nachzudenken. Personalknappheit im Tourismus gab es auch in der Vergangenheit immer wieder. Im APA Archiv findet sich schon im April 1990 ein Zitat des späteren Präsidenten der Österreichischen Hoteliervereinigung Helmut Peter:

Eine Branche, die zu wenig Mitarbeiter hat, muss sich zunächst Gedanken machen, warum das so ist.

Nicht nur die Unternehmen waren von Corona stark betroffen, sondern auch ihre Arbeitskräfte. Nirgendwo stieg die Arbeitslosigkeit, die Unsicherheit und die Kurzarbeit, die einen wesentlichen Einkommensteil, nämlich das Trinkgeld, praktisch nicht abdeckte, schmerzlicher. Das brachte manche dazu, sich beruflich für eine andere Branche zu entscheiden. Heute aber denken viele schon wieder anders: Die Beschäftigtenzahlen in dieser Branche haben bereits fast wieder Vorkrisenniveau erreicht und das AMS konnte österreichweit allein im April mehr als 6.100 Stellen in Tourismus und Gastronomie als besetzt buchen.

Mehr Wettbewerb

Warum also gelingt manchen Betrieben die Personalsuche nun besser als anderen? Aus dem gleichen Grund, aus dem manche Betriebe genügend Gäste haben und andere nicht. Weil sie einfach wettbewerbsfähig sind – auch bei ihrem Angebot gegenüber den Mitarbeitern.

Wir vom AMS starten nächste Woche mit unserer alljährlichen AMS-Business-Tour, bei der wir über 7.000 Betriebe besuchen werden. Und heuer wollen wir vor allem dabei helfen, auch als Arbeitgeber attraktiv zu werden. Unsere „Premiumdienstleistung“ ist dabei die sogenannte Impulsberatung. Wussten Sie, dass aktuell mehr als 1.300 Betriebe mit fast 70.000 Angestellten von uns finanzierte, individuelle Beratung zu den Themen „zielgruppenspezifische Inseratengestaltung, Onboarding, Attraktivierung der Arbeitszeit, Vereinbarkeit, Diversität“ erhalten? Zahlreich sind mittlerweile die Erfolgsbeispiele, bei denen es uns gemeinsam gelungen ist, wieder mehr Bewerberinnen und Bewerber, auch in Tourismus und Gastronomie und auch in Salzburg, anzusprechen.

Werben Sie mit uns, jetzt, da sich die Zeiten geändert haben, auch um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Rufen Sie uns doch einfach an.

Hinweis: Dieser Beitrag erschien auch am 11.5.2022 als “Kommentar der Anderen” im Print- und Onlinestandard.

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1 Response

  1. Astrid Dreger

    Genial! Stimme Ihnen zu 100 % zu!!!!! Toller Beitrag … und mein absolutes Lieblingswort seit.. wahrscheinlich schon 2 Jahren ist “Arbeitsanreiz”.

    Spannend, spannend, spannend…